Hast du einen Moment Zeit und Lust, dich auf eine sinnliche Reise zu begeben? Dann suche einen Ort der Ruhe und lass dich von Florence durch eine kurze Surfsession führen.

Was begleitet uns während einer Surfsession? Weshalb surfen wir lieber im Meer als in einem Pool oder vielleicht sogar Fluss? Neben den unbeschreiblichen Gefühlen, die jede und jeder während einer Surfsession erlebt, ob aufgrund des Meeres, der Mutter Natur oder persönlichen Leistungen, wird meist ein Sinnesorgan unterschätzt: Das Hören. Nur selten wird mir bewusst, dass ich das Rauschen des Meeres oder die Rufe der Meeresvögel misse. Deshalb habe ich mich auf eine sinnliche Reise durch eine Surfsession begeben und nehme dich mit.

Das Meer
Nach dem ersten Schluck Kaffee frühmorgens spitzt du deine Ohren. Schon beim Aufwachen hast du das Rauschen und Donnern des naheliegenden Meeres wahrgenommen. Doch jetzt willst dus genau hören, wissen wies wohl aussieht. Es hört sich gewaltig an, könnte aber auch täuschen. Ein Schritt über die Düne und das Geräusch verändert sich. Die Umgebung muss die Laute verstärkt haben, denn die Wellen sind zwar gut, aber nicht so gross, wie sie sich angehört haben.

Im Wasser sitzt du ruhig da, dein Blick fest auf den Horizont gerichtet, Ausschau haltend nach dem nächsten Set. Neben dir plätschert das Wasser von den Felsen, der gerade überspült wurde. Und unter dir steigt eine Blase mit einem Glubschen nach oben. Wahrscheinlich hat es unter dir einen grossen Stein. Und jetzt kommt es, das Set. Das Plätschern der Felsen wird lauter. Es wird mehr Wasser angesaugt. Die erste Welle duckdivest du unten durch, beim Hochkommen spritzt dir mit einem sausenden Geräusch die Gischt des Off-Shore-Windes ins Gesicht. Die nächste ist deine. Die Welle ist schnell und die Lip beginnt schon zu bröckeln, als du sie nimmst. Neben dir knallt es. Schon fast eine Barrel. Du meinst den Wind der Wucht hinter dir zu spüren. Mit einem Donnern ist sie fertig. Du springst hinter sie in Sicherheit. Das Weisswasser spült mit einem friedlichen Rauschen an den Strand.

Die Natur
Beim Rauspaddeln durchbricht ein Pelikan blitzschnell und mit einem grossen Platsch die Wasseroberfläche in der Hoffnung auf einen Fisch. Er kommt wieder hoch, schüttelt seine nassen Federn und beäugt dich misstrauisch. Weiter über dir ruft eine Möwe nach seinen Freunden. Du erschrickst, als plötzlich ein Fischschwarm deine Waden streift und einige aus dem Wasser springen. Plötzlich kommt Wind auf. Das Rauschen der Palmenblätter wird fast lauter als das des Meeres. In der Ferne siehst du dunkle Wolken und hörst einen entfernten Donner grollen. Lange kannst du das Spektakel aber nicht beobachten, du wirst abgelenkt von einem grossen Set. Das Rauschen und Grollen weichen einer dumpfen Stille, als du dein Brett samt Körper unter der ersten Welle durchdrückst. Sie hält jedoch nicht lange an. Nur eine Sekunde später explodiert wieder die Geräuschkulisse in einem Ohr. Das andere nimmt sie nur schwammig wahr. Es ist voller Wasser. Durch das heftige Kopfschütteln erzeugst du ein abstraktes Echo und dir wird ein bisschen schwindelig. Aber schliesslich ist das Ohr wieder frei. Und deine Position für einen Take-off ideal.

Der Mensch
Die Welle ist steil, schnell. Es bereitet dir Mühe, die benötigte Kraft aufzubringen. Aber du willst es. Beim Pop-up stöhnst du, aber schaffst es. Zum Glück, denn die Welle ist super! Ein Gefühl ekstatischer Freude überkommt dich und, ob angebracht oder nicht, stösst du einen Freudenschrei aus. Das «No Claim»-Prinzip hast du sowieso nie verstanden. Beim Rauspaddeln teilst du dein Glücklichsein mit deinen Freunden. Die Geräuschkulisse der Natur, in welcher das gesamte Line-up sitzt, wird durch Konversation durchschnitten. Es scheint ein Siegel gebrochen zu sein, denn die Gruppe Locals beginnt laut zu schwatzen. Etwa über dich? Sind sie unzufrieden, oder reden sie nur? Irgendwie seltsam, wenn Surfer im Line-up reden. Vor allem an so einem Tag. An kleinen Tagen ist es üblich, Small Talk zu halten. Aber egal, du musstest einfach deine Freude teilen. Frustration und Wut probierst du aber stets nicht verbal zu kommunizieren. Dass wäre dann schon eine grössere Sache als ein bisschen Spass und Geplänkel. Deine Gedanken und das Geschnatter der anderen scheinen die wunderbaren Geräusche der Umgebung zu unterdrücken. Erst ein weiterer Donner holt dich zurück ins Jetzt. Ein weiteres Set hat auch die anderen verstummen lassen. Alle sind wieder konzentriert. Das Saugen und Brechen der Welle wird einzig durch Pfeifen der Paddler durchschnitten. Jeder will seinen Vortritt festigen. Oder andere, die ihn haben, verunsichern. Nach der intensiven, lärmigen Minute voller Rufe, Rauschen und Sprays der Surfer, die mit einem Klatsch hinter die Wellen fallen, wird es still.

Die Stille
Das Grollen des entfernten Gewitters entfernt sich wieder, der Wind muss es woanders hingetragen haben. Nur noch das angenehme, sanfte Plantschen von Wasser, das gegen dein Board wäscht, erfüllt deine Ohren. Die Sonne ist nun ganz über dem Felsen aufgegangen und wirft ein sinnliches, warmes Licht auf das Meer und genau eine Palme. Die Weite des blauen, glitzernden Wunders vor dir scheint jedes Geräusch, jede Unzufriedenheit zu schlucken. Du vergisst die Menschen um dich herum, deine Gedanken und sogar deine Freunde. Die Stille, die du sonst nur unter Wasser kennst, nimmt dich an diesem wunderschönen Morgen ein. Mit einem wohligen Gefühl denkst du an die eben gerittene Welle zurück und lächelst.