Eine Wellenmaschine wie ein dampfspeiender, riesiger, verrosteter Donut, der durch Hub Wellen kreiert, ging vor einiger Zeit viral. Was ist der Stand der Dinge?

In einem künstlichen See in Queensland, Australien produziert eine wahnwitzig anmutende Maschine zischend und mächtig Wellen, die zum Surfen geeignet sind. Es wurden bereits Wellenhöhen (Face) von 2.20m erreicht, wobei 2.40m das Ziel sein soll. Das donut-förmige Gebilde wiegt 1’400 Tonnen, was soviel ist wie drei Boing 747, die durch Luftdruck angehoben werden und im Rhythmus mit den bereits ausgesendeten Wellen wieder absinken, wiederholt.

Der Ring, der konzentrisch von dem metallenen Kreisding ausgesendet wird, trifft als Welle auf einen kalkuliert geformten Untergrund und bricht je nach Beschaffenheit des gemeinten künstlichen Reefs unterschiedlich schnell, steil und hohl. Es ist von fünf verschiedenen Peaks die Rede, aus denen Anfänger und Pros wählen können. Nach Aussage von Surf-Lakes erlaubt das System, 200 Surfern pro Stunde gleichzeitig mit zehn Wellen zu rechnen. Mit 80 Megalitern ist der Pool, den man im Video sieht, der grösste Surfpool der Erde.

Nein, das ist keine Fotomontage und auch kein CGI. Es ist keine Aufnahme von Luke Skywalker bei seiner Freizeitbeschäftigung und nein, auch kein Trailer für den nächsten MadMax-Film (wär aber geil, Anm. der Red.). Momentan wird die Maschine wiederaufgebaut, um Testphase 2 und volle Kapazität einzuleiten. Wow.

Die Firma surf-lakes.com.au sorgte mit Videos und Fotos ihrer obskur-wirkenden Art Wellen zu produzieren bereits 2018 für Furore und verblüffte Gesichter vor den Bildschirmen. Im Herbst 2018 surften die ersten Pros erfolgreich die fünf verschiedenen Peaks. Professionelle Surfer werden engagiert und als Marken-Botschafter des rostigen Donuts in die Welt entsandt. Bevor das Jahr 2018 zu Ende ging, hatte die Firma bereits 115 Anfragen aus 25 Ländern, laut einer Pressemitteilung im April 2019 sind es bereits über 300. Im Frühjahr berichteten australische TV-Sender von dem ersten Wave-Pool-Auftrag des Herstellers an der Gold Coast, der im Laufe des Jahres 2020 fertiggestellt werden soll. Alles inklusive ist auf der Homepage des Herstellers von Kosten zwischen 30 und 40 Millionen Dollar die Rede. Ziel sei es, eine Welle zu produzieren, deren Face knapp an 2.50m misst. Die im Video gezeigte und getestete Anlage ist für Vorführzwecke und Experimente konzipiert und nicht öffentlich zugänglich.

Viele Varianten wellenproduzierender Systeme sind bereits für den Konsumenten zugänglich. Die berühmteste ist Kelly Slaters Wavefarm in Lemoore, Kalifornien. Der weltweite Wettstreit um die Vorherrschaft bezüglich dieser Technologie macht Sinn, wenn man an Olympia, Preisgelder, Planungssicherheit für Contests und an den Drang des Menschen denkt, die Natur kontrollieren zu wollen und sie sich Untertan zu machen. Demnach wäre ein Wavepool eine sehr menschliche Angelegenheit. Australien ist als Kontinent und Land mit 11’000 Stränden nicht gerade ein Ort, an dem man mit einem Bedarf nach künstlichen Wellen rechnet. Man muss jedoch die Frage nach der Intention einer künstlichen Wellenanlage ortsunabhängig fragen. Die Absichten der Firma sind sicherlich international sowie zugleich lokal und bereits in vollem Gange. Die Firma will als Hub der Goldcoast dienen. Auf der Homepage wird formuliert: 

Not only do we want to create a world class surfing facility, we also want to make it a hub for surfing in Australia. Surrounding the lagoon we envisage a range of complementary business including:

  • Office space for surfing industry and sporting bodies to work from
  • Testing and retail outlets for leading surfboard shapers
  • Retail stores for the worlds leading surf brands
  • A high-performance surf training centre offering expert coaches for surfers of all levels
  • Associated training facilities which could include gymnasium, yoga, pilates etc
  • Learn to surf school program
  • Venue for surfing competitions of all levels, from local schools and juniors, through to world class events for all surf craft including longboards, bodyboarding, SUP and more
  • A Gold Coast surfing museum
Surfer auf künstlicher Welle
Wer träumt schon nicht von täglich perfekten Wellen?

Kellys Welle ist bereits ein WSL-Tourstop. Mehr Menschen sicherere und bessere Wellen in surfbarer Nähe zur Verfügung zu stellen, klingt erstmal nett in den Werbevideos. Aus reinem Gutmenschentum solche Projekte ohne monetäre Zuwachsaussicht scheint erstmal unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass die Gold Coast ein Paradies für Surfer ist. Das Team hinter der Wavepool-Firma wird geführt durch Malcolm Borgeaud, der den ersten Eindruck eines Mannes macht, der nicht zu viel surft. Er ist in diversen Komitees für Umweltschutz und Charity sowie ehrenamtlich für das olympische Volleyballkomitee tätig. Es gilt hier zu erwähnen, dass die Mitgründer von Surf-Lakes selbst surfen und von perfekten Bedingungen jeden Tag träumen. Verständlich, oder nicht? Wer möchte nicht gern 100% Gewissheit, dass es gute Wellen am Strand gibt? 

We can’t compete with Kirra on a good, thats for sure, but on a creepy day we can compete with Kirra. (…) But it’ll be consistent all the time. 

Aaron Trevis, Surf-Lake-Mitgründer

Hier drängt sich dem Romantiker die Frage auf, was das alles eigentlich soll. Die Kommentare kann man sich vorstellen: Was wäre Surfen ohne die Suche nach der nächsten Welle, dem Reisen, den Strapazen, den persönlichen kleinen Siegen und den Dramen? Was wäre ohne die Geschichten, die wir uns erzählen. Was wäre ohne Google Maps? Was wäre ohne Drogenschmuggel für den Lifestyle? Was wäre ohne psychisch labile Pros, deren Rockstargeschichten nach deren Ableben heute in den Kinosälen der Welt gezeigt werden? Was wäre ohne die Outlaws? Der ökologisch bewusste Surfer hingegen kramt wahrscheinlich sein in Asien produziertes Smartphone aus seiner Patagonia-Jacke, um den ökologischen Fingerabdruck per Welle zu messen. Hier liesse sich sicher eine Fingerprint-Wavepool-App ersinnen. Andere werden vielleicht denken: geile Welle, immer, nimm mein Geld. Der australische Surfer lässt sich sicher auch von dem Argument überzeugen, in einem Wave-Pool nicht von einem Hai gefressen zu werden.

Hai versus Surfer

Wir in der Schweiz sind so froh, dass es immer mehr Anstrengungen gibt, nahe guten Surf zu erleben, wie sich ja ganz klar in Surfparkprojekten zeigt, selbst einen Wavepool in der Schweiz zu realisieren. Vielleicht haben wir bald einen rostigen Alpendonut, der uns grossartige Barrels beschert? Nichts scheint mehr unmöglich angesichts der Aufnahmen des Wavepools. Auch dieser Pool wird viele kontroverse Diskussionen auslösen und Fragen aufwerfen. Ist die Entwicklung des Surfsports hin zur olympischen Disziplin und hin zum reproduzierbaren vermeintlichen Lifestyle-Kaugummi-Automat doch sicherlich auch ein wichtiger Grund für die Hersteller dieser unfassbar grossen Maschinen. Surfen ist ohnehin eine der grossartigsten Kontroversen an sich, also dürfen wir gespannt sein, was uns Wellenpooltechnologie weiter bescheren mag. Ohne Ozean vor der Tür hätten wir in der Schweiz sicherlich nicht zuletzt einen Wavepool verdient.

Vielleicht ist es auch besser für den letzten fast unberührten Surf irgendwo im Pazifik, dass die meisten sich am Wavepool planschend vergnügen.

Wir zerstören das, was wir suchen, indem wir es finden. 

hat Hans Magnus Enzensberger schon 1958 gesagt.

Bis es soweit ist, wird sicher noch einige Zeit verstreichen, wenn man die Pressemitteilung des Aprils 2019 liest.

With external investigations and associated testing to the prototype now completed and the redesign efforts also finished, the re-build of the machine is now underway. Due to numerous external factors potentially affecting scheduling (ie weather) we are not in a position to communicate an exact date for when the machine will be online again. In saying that, we are well on track for completion of repairs and Phase Two testing before June 30.“We are taking our time with the redesign and rebuild to ensure we do everything possible to eliminate the risk of further delays,“ said CEO Mal Borgeaud. “It has taken a bit longer, but we would rather spend the time now being more thorough, in the lead up to Phase Two testing.” We can’t wait to see full sized wave faces and length when we finally test the machine at maximum capacity!

Aufnahmen des Aufbaus und Occy im australischen TV.