Der Wind steht am Anfang jeder sich natürlich fortbewegenden, surfbaren Welle. Wind braucht es jedoch nicht nur für die Entstehung der Welle. Wind hat neben der Swellhöhe und der Wellenperiode einen grossen Einfluss auf die Qualität des Surfs.

Oft ist der Wind das letzte Puzzleteil, welches eine Surfsession zum Traum oder Desaster macht.

Entstehung des Windes
Wind basiert auf Temperatur­ und den daraus resultierenden Druckunterschieden in der Atmosphäre. Von Gebieten mit hohem Luftdruck (Hochdruckgebiet) strömen Luftteilchen in Gebiete mit tiefem Luftdruck (Tiefdruckgebiet). Diese Bewegung der Luftteilchen ist als Wind definiert. Beim Wind handelt es sich somit um nichts anderes als eine Bewegung der Luftteilchen, mit welcher atmosphärische Luftdruckunterschiede ausgeglichen werden. Je stärker diese Unterschiede sind, desto stärker ist die Windgeschwindigkeit.

Beschreibung des Windes
Wind wird in der Meteorologie jeweils mit der Windgeschwindigkeit und der Windrichtung beschrieben. Wichtig: Die Windrichtung beschreibt die Himmelsrichtung, aus welcher der Wind kommt. Die detaillierte Windrichtung wird in Wettervorhersagen entweder mit den ausgesprochenen Himmelsrichtungen oder mit der Richtungsbezeichnung in Grad dargestellt. Bei einem Wind aus 270° handelt es sich um einen Westwind (Abb. 1).

Kompass
Abb 1: Nie Ohne Seife Waschen.

In einem Surf-Forecast wird die Windrichtung zusätzlich in Relation zur Küste beschrieben. Ein Wind, der von der Küste auf das Meer hinaus weht, wird Offshore­-Wind (Landwind), ein Wind vom Meer in Richtung Küste wird Onshore-­Wind (Seewind) genannt. Winde, welche parallel der Küste entlang wehen, nennt man Sideshore­-Winde (Abb. 2).

Windrichtungen zur Küste
Abb 2: Verschiedene Windrichtungen zur Küste.

Einfluss der Windrichtung
Die Windrichtung spielt für die Qualität der Wellen in der Surfzone eine wichtige Rolle. Ein Onshore­-Wind bewirkt, dass die Welle von hinten heruntergedrückt wird. Die Welle hat dadurch weniger Zeit sich aufzubauen und beginnt früher und unkontrolliert zu brechen. Durch den Onshore­-Wind entstehen auf dem offenen Meer zusätzlich kleine Wellen, die sich mit dem eintreffenden Swell vermischen. Dies führt in den meisten Fällen zu einem unregelmässigen Wellengang, wodurch die Qualität der Wellen deutlich abnimmt.

Ein leichter Offshore­-Wind bewirkt genau das Gegenteil. Der Wind trifft frontal auf die Welle, hält die Welle zurück und verzögert somit den Moment des Wellenbrechens. Dadurch hat die Welle mehr Zeit, sich zu formen. Oft ist es der Offshore­-Wind, der aus durchschnittlichen Wellen die gewünschten tiefen Barrels formt. Ist der Offshore-­Wind jedoch zu stark, wird die Welle derart zurückgehalten, dass sie nicht wie gewünscht bricht, was das Hineinpaddeln in die Welle erschweren oder sogar verunmöglichen kann.

Land-See-Windsystem
Die meisten Surfer unter uns haben sich wahrscheinlich schon gefragt, warum die Surfbedingungen frühmorgens oft besser sind, als am Nachmittag. Wer kennt sie nicht, die Enttäuschung, wenn man nach einer wohlverdienten Pause nach einer perfekten Sunrise ­Session mit «glassy conditions» wieder ins Wasser zurückkehrt und trotz ähnlichen Surfforecasts ein wildes, kaum surfbares Durcheinander vorfindet? Verantwortlich für diese Änderung innerhalb kurzer Zeit ist oft ein lokales Windsystem, das Land-­See-­Windsystem (Abb. 3).

Land-See-Windsystem bei Tage
Abb 3: Land-See-Windsystem bei Tage.
Land-See-Windsystem bei Nacht
Abb 4: Land-See-Windsystem bei Nacht.

Dieses Windsystem tritt überall auf, wo ein See oder ein Meer an eine Küste grenzt und ist aufgrund von lokalen Begebenheiten mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Beim Land-­See-­Windsystem handelt es sich um eine von der Tageszeit, respektive vom Sonnenstand abhängige Zirkulation der Luft im Küstengebiet, bei der die unterschiedlichen spezifischen Wärmekapazitäten von Wasser und Land die entscheidenden Rollen spielen. Die im Vergleich zu Wasser geringere Wärmekapazität einer Landfläche führt dazu, dass sich mit einsetzender Sonneneinstrahlung die Landoberfläche circa drei Mal schneller erwärmt als das Wasser. Die erhitzte Luft über dem Land dehnt sich während des Tages aus und beginnt aufzusteigen. Die Dichte der Luftpartikel über der Landoberfläche ist nun geringer. Über dem Boden hat sich ein Tiefdruckgebiet (Bodentief) gebildet (1). In der Höhe verdichten sich die Luftpartikel durch die aufsteigende Luft, was zu einem Hochdruckgebiet in der Höhe (Höhenhoch) führt. Aus dem Höhenhoch strömt danach die Luft in alle Himmelsrichtungen weg (2). Über dem Wasser kühlt die Luft wieder ab und beginnt zu sinken (3). Dadurch bildet sich über der Wasseroberfläche ein Hochdruckgebiet, von wo aus die Luft wieder zurück Richtung Bodentief aufs Land hinaus strömt. Die Zirkulation am Tag führt somit zu einem bodennahen See­, oder Onshore­-Wind (4).

Aufgrund der höheren spezifischen Wärmekapazität von Wasser, kann das Wasser die am Tag gewonnene Wärme besser speichern als das Land. Die Landoberfläche kühlt sich in der Nacht folgendermassen schneller ab und die ganze Zirkulation dreht sich um. Die relativ warme Luft über dem Wasser beginnt aufzusteigen, wodurch das Bodentief nun über dem Wasser liegt (5). In der Höhe kühlt sich die Luft auf dem Weg vom Meer Richtung Land wieder ab (6) und beginnt über dem Land zu sinken, wo sich jetzt ein nächtliches Bodenhoch gebildet hat (7). Vom Bodenhoch folgt die druckausgleichende Luftströmung auf das Wasser hinaus in Richtung Boden­ tief. In Bodennähe stellt sich in der Nacht also ein ablandiger Wind, oder mit anderen Worten ein Land­, oder Offshore­Wind ein (8).

Auch Spätaufsteher können von diesem simplen Zirkulationssystem profitieren. Mit der schwächer werdenden Sonneneinstrahlung kühlt sich die Landoberfläche oft schon am späten Nachmittag ab, was am Abend bereits zu leichten Offshore-­Bedingungen führen kann, welche schon vielen Surfern unvergessliche Sunset­Sessions beschert haben.

Natürlich spielen bei den lokalen Windverhältnissen viele unterschiedliche Faktoren eine bedeutende Rolle. Ein wichtiger Faktor ist das Wetter. Wie man sich leicht vorstellen kann, funktioniert das Land-­See­-Windsystem am besten bei wolkenlosen Bedingungen mit viel Sonnenschein. Neben dem Wetter spielt vor allem die lokale Topographie des Küstengebiets eine weitere wichtige Rolle. Küstennahe Hügel oder Berge führen zu komplexen Windbedingungen, die bereits auf einem kurzen Küstenabschnitt total unterschiedlich sein können.