Ende Mai 2021 beginnen die World Surfing Games (WSG) in El Salvador und die Schweiz ist wie jedes Jahr mit dabei. Was unser Team erwartet und was das mit den Olympischen Spielen zutun hat.

Wie es der Zufall will, ist Pascal Christen (thefreesurfer.com) gerade vor Ort. Er war in den letzten gut zehn Jahren x-mal für mehrere Wochen oder Monate dort und erzählt uns, wie es vor Ort aussieht und wie das jetzt mit der Qualifikation für Tokyo 2021 genau geht.


El Salvador ist definitiv im Wandel
Vor ca. 10 Jahren haben Nicaragua und El Salvador begriffen: Was in Costa Rica funktioniert, könnte auch für sie aufgehen. Damals waren fast ein Viertel von aller Touristen von Costa Rica Surfer. Also wurde und wird Geld investiert. Für uns als Gäste heisst das in erster Linie bessere Strassen, mehr Sicherheit und natürlich auch mehr Leute im Wasser.

Als ich 2011 das erste Mal hier war galt beispielsweise der Surfspot K59 noch als gefährlich. Viele Leute wurden auf dem Weg dorthin ausgeraubt. Aber nur schon ein Jahr später galt die Gegend als sicher und die täglichen Surfer kamen für die Wellen, assen und tranken am Strand und kauften Fotos, welche die Locals von ihnen gemacht haben. Somit wurden wir als Segen betrachtet.

Auch das Zentrum des Surfens hier im Land, El Tunco, ist sicher. Dafür schaut die Regierung und die Leute selber zugleich. Von günstigen Hostels zu fancy Hotels, lokalem Essen für ein paar Dollar zu schickem Restaurant, diversen Bars und Live-Musik und Surf- sowie Souvenir-Shops findet man hier alles.  Dazu ist man sehr zentral, was Wellen angeht. Also wurde El Tunco offiziell zur «Surf City El Salvador» ernannt und vermarktet. Die Touristen kommen. Und am Wochenende noch zahlungskräftige Salvadorianer:innen aus der Hauptstadt dazu. Das Konzept geht auf und die Infrastruktur wird ausgebaut und verbessert. Jetzt gerade, wenige Wochen vor den WSG, mit einem für lokale Verhältnisse unbekanntem Tempo! Gehsteige werden verbreitert, Telefon und Stromkabel entlang den Strassen neu gezogen und Abwasserleitungen angepasst. Gefühlt jedes Restaurant streicht die Wände neu, oder dichtet die Dächer ab.


An den WSG wird vom 29. Mai bis 6. Juni 2021 an zwei Surfspots gesurft:

#1 El Sunzal 
Ein langer und sehr sanfter, rechter Point. Hier wurden auch schon SUP-Meisterschaften ausgetragen und die Welle ist an den meisten Tagen eher was für Longboards und fortgeschrittene Anfänger als für olympische Athleten. Aber wer gut surfen kann, kann das bekanntlich in allen Bedingungen. El Sunzal kriegt viel Swell ab und ist selten kleiner als kopfhoch. Surfen kann man hier so gut wie immer. Wenn aber was Richtiges reinkommt, dann wird die Welle gross und gut. Double Overhead ist hier keine Seltenheit und dann macht die Welle auch richtig Spass! Steil wird sie, ausser in ein paar Sections, eigentlich trotzdem nie. Wer schnell genug surft, macht draussen zwei radikale Manöver, bevor es mehr um Cutbacks geht und darum, wer eine Welle erwischt, die sich in der Inside nochmals richtig aufstellt und ein Feuerwerk von Turns erlaubt! Vorausgesetzt es hat genügend Swell. Wenn es klein ist, wäre ein Contest hier unglaublich langweilig!

Surfspot Sunzal

#2 La Bocana
Ein A-Frame mit besserer Linken. La Bocana ist das Gegenteil zu El Sunzal und besser, wenn es nicht all zu gross ist. Und leider ist la Bocana sehr launisch und kann innerhalb von der Dauer eines Heat komplett umschlagen. Gehen wir aber einfach mal davon aus, dass unser Team in guten Bedingungen dort surfen kann. Die Linke ist eine perfekte High-Performance-Welle. Guter Take-off und steile Wand. Die ideale Bühne für die Art von Surfen, die wir uns von so einem Wettkampf erhoffen! Tiefe Bottom Turns, hohe Airs und viel Spray ist hier wie Austern essen… Nichts außergewöhnliches! Der Paddle Back ist easy, solange es nicht zu gross ist. Das sieht leider auf der Rechten ein wenig anders aus. Auch die ist unglaublich gut, lädt aber mehr zu grossen Carves ein, als zu schnellem Top-To-Bottom-Surfen. Dazu ist der Paddle Back um einiges härter und kostet Zeit und Kraft. Also denke ich, dass die Linke von den meisten bevorzugt werden wird.

Surfspot Bocana

Die Konkurrenz
Es geht um Olympische Spiele und so wird das Feld sicherlich unglaublich stark besetzt sein und viele bekannte Namen aufweisen. Allerdings sind bei ISA-Wettkämpfen auch immer viele, sehr starke Surfer:innen anwesend, die nicht im internationalen Rampenlicht stehen. Einige sind schon hier und trainieren täglich auf den zwei Wellen. Auch Verbände aus den Nachbarländern wie Guatemala sind schon vor Ort und das Niveau im Wasser ist hoch. Schaut euch nur mal einen Clip des lokalen Porfirios auf Instagram an, um eine Idee davon zu bekommen, wie einige der Nichtfavorit:innen surfen und wie die Wellen von La Bocana aussieht.


Soll das unser Team einschüchtern? Natürlich nicht! Auch sie brauchen sich nicht zu verstecken und ich freue mich nach einer so langen Pause drauf, endlich wieder zu sehen, wo das Schweizer-Contest-Surfen mittlerweile ist. Wie es ohne Wettkampf-Jersey aussieht? In etwa so:


Aufstellung Schweizer Surfteam

Women

  • Fanny Bühlmann
  • Alicia Martinet
  • Fabienne Sutter

Men

  • Fantin Habashi
  • Michael Zaugg
  • Swen Zaugg

Supported by

  • Benedek Sarkany (Team Coach)
  • Thibault Guergam (Assistant Team Coach)
  • Philip Mappes (Physio & Rehabilitation Coach)


Olympische Spiele
Es können sich an den diesjährigen WSG noch 4 Männer und 6 Frauen qualifizieren. Davon ausgeschlossen sind die Nationen, die schon 2 Athleten vom jeweiligen Geschlecht qualifiziert haben. Das sind die grossen Surfnationen wie Australien, USA und Brasilien. Dazu kommen noch andere, bekannte Surfer:innen, die sich schon qualifiziert haben und somit keinen der insgesamt 10, noch freien, olympischen Startplätzen besetzten werden. Wird sich ein:e Schweizer:in qualifizieren? Unmöglich ist das zwar nicht, aber eher unwahrscheinlich. Spannend wird es aber auf alle Fälle und es wäre nicht das erste Mal, dass ein:e Schweizer Surfer:in sich überraschend weit nach vorne surft.

Und in ein paar Jahren sieht vielleicht alles schon ganz anders aus. Die SSA organisiert eine super Nachwuchsförderung und der erste Wavepool in der Schweiz ist schon geöffnet. Wenn dann noch Regensdorf dazu kommt und die Zeit im Wasser der jungen Schweizer Surfer:innen merklich mehr wird, werden die Karten wieder neu verteilt. Zwar hat Frankreich für die Olympischen Spiele in drei Jahren schon Teahupo’o als Austragungsort bekanntgegeben. Diese Welle hat wenig damit zu tun, was sich in einem Wavegarden trainieren lässt! 

Aber bekanntlich finden alle vier Jahre Olympische Spiele statt. Und somit hat das Schweizer Team genügend Zeit, seine Junior:innen bis dorthin an das internationale Level ranzuführen. Vielleicht nicht in vier Jahren, aber was ist mit 12? Ob dann auch mehr Surfer:innen teilnehmen können und es eventuell sogar in einem Pool ausgetragen wird, steht noch in den Sternen. ABER die Möglichkeit dazu besteht. Und vielleicht gesellen sich dann schon die ersten Schweizer Surfer:innen zum Segeln sowie Beachvolleyball und festigen den immer noch lustigen Status der Schweiz als Weltspitze in Strand und Meeressportarten bzw. professionelle Beach-Nation!