Carissa Moore und Italo Ferreira holen sich die ersten Goldmedaillen an den olympischen Spielen. Grosse Überraschungen sind aber ausgeblieben. Das, was geschah, war zu erwarten. Trotzdem: Ein Contest, den die Welt noch nie gesehen hat.

Es war einmal
1912 gewann der erste Surfer bereits eine Olympiamedaille, doch in der Disziplin des Schwimmens. Es war der Hawaiianer Duke Kahanamoku, der sich wünschte, dass Surfen olympisch würde.

Das Land der aufgehenden Sonne integrierte nun Surfen zum ersten Mal als olympische Disziplin in die Spiele. Ein Japaner namens Kanoa Igarashi hat sich wie ein geschickter Samurai den Finalplatz erkämpft und dafür die Silbermedaille erhalten. Amuro Tsuzuki, ebenfalls aus Japan, sicherte Bronze bei den Damen. Die beiden haben ihren Heimvorteil geschickt genutzt.


Und dem Land, das Freestyle-Sportarten liebt, die ersten Olympiamedaillen im Surfen geschenkt. An den Ursprung des Sportes, nach Hawaii, geht eine der ersten beiden Goldmedaillen dank Carissa.


Zurück zu den Weltneuheiten
Zum einen war da das Wettkampfformat. Die Elimination in Runde 2, die darüber entschied, ob man ins Achtelfinale einziehen kann oder nicht, bestand aus fünf Surfern. Normalerweise surfen maximal vier Surfer in einem Heat. Was dazu führte, dass sich in dieser Runde die Surfer wie hungrige Hunde in die Wellen schmissen. Das verlieh dem Einzug ins Achtelfinale eine noch nie dagewesene Spannung. Dann das kleine Finale. Zum ersten Mal gab es einen Kampf um den dritten Platz in der Welt des Surfens.

Die Waitingperiode des Wettkampfes war zwar auf mehr als eine Woche angesetzt worden. Trotzdem wählte das olympische Team die erstbesten drei Tage aus. An jedem anderen WSL Contest hätte man wohl am tatsächlichen Finaltag die erste Runde durchgeführt, eine Woche auf den nächsten Swell gewartet und dann das Finale durchgezogen. Doch nicht an Olympia. Das Resultat war, dass die Wellen am ersten Tag beinahe lächerlich klein waren und John John Florence am zweiten Tag in Wellen ausschied, die er freiwillig wohl nie surfen würde. Surfen ist an Olympia nun mal ein Sport unter vielen.


Fehlende Übertragung
Es war aber auch so, dass einige Befürchtungen eingetroffen sind. Beispielsweise war es sehr schwierig, einen Sender zu finden, der das Ganze auch tatsächlich übertrug. SRF ignorierte den Sport fast gänzlich und auch Eurosport übertrug Surfen nicht bis in die Schweiz. Nach fünf Anläufen auf drei verschiedenen Kontinenten schaffte ich es dann, mich per VPN-Verbindung in 7mate, einen australischen Sportsender, einzuwählen. Mit perfekten Kommentatoren, die auch tatsächlich etwas von Surfen verstehen. Eine Stunde nach der ersten gesurften Welle.

Zum guten Schluss
Die professionellen WSL-Surfer dominierten über alle anderen, die über die ISA oder Panamericana nach Tokio gekommen sind. Teil des olympischen Gedankens ist es, möglichst vielen Ländern und nicht nur einigen hoch bezahlten Surfern Olympia zu ermöglichen. Dennoch schmissen die Erfahreneren die Underdogs spätestens im Viertelfinal aus dem Wettkampf. Aber, es konnten nicht alle besten Surfer an Olympia antreten, da die wenigen Plätze nach Kontinenten und nicht nach Punkten vergeben wurden. Dass Überraschungen dennoch ausgeblieben sind, zeigt, wie professionell Surfen bereits heute funktioniert. Eine ähnliche Sensation, wie sie Gian Simmen beim Snowboard-Olympiadebut gelang, blieb aus. Ob sich dies auf nächste Qualifikationsentscheidungen auswirkt, wird sich zeigen.

Was die Stimmung etwas trübte, war, dass ein Surfer, Frederico Morais, ausschied, weil er positiv auf Corona getestet wurde. Dennoch. Es war rührend zu sehen, wie Dukes Wunsch, Surfen olympisch zu machen, nach mehr als 100 Jahren wahr wurde. Wie glücklich sich die 40 ersten Surfer schätzten. Wie stoked Länder wie Chile, Peru oder Deutschland über die Teilnahme an den Spielen waren. Dass Surfen heutzutage kein rebellischer Sport einer Minderheit ist, sondern irgendwo in der Normalität des Mainstreams angekommen ist. Oder hat sich die Masse einigen kreativen Freestylern geöffnet?

Hier findest du übrigens die detaillierten Resultate: https://olympics.com/tokyo-2020