Der grösste Deal aller Zeiten platzt und Profisurfer John John ist ohne Sponsor. Nicht-Surfende CEOs entscheiden, was in der Surfwelt passiert. Das Ergebnis? Hier eine Einschätzung.

JJ Florence verlässt Hurley mit zwei Millionen Dollar und ohne neuen Sponsor. Er hätte für mehr Dollar warten können, um einen neuen Sponsor zu finden. Ihm gefiel der neue Style nicht, mit dem die Blue Star Alliance sich von Top-Surfern trennt. Das macht ihn irgendwie sympathischer und seine Reaktion ist nachvollziehbar:

«At 9:01am, on Thursday January 2nd every surfer on Hurley’s team with anything even remotely like a Termination Clause in their contracts received emails from Bluestar Alliance’s lawyers letting them know their relationship was over. I surfed for the brand for 15 years, I would have expected a note to come from someone who I worked with or cared about me, not their lawyers», said one former Hurley surfer. (Stab-Magazine)

Die Art und Weise, wie hier gekündigt wird, spricht Bände und nicht unbedingt für ein respektvolles Personalmanagement der Blue Star Alliance. Früher bekam ein sehr guter professioneller Surfer einen Vertrag, konnte sich darauf verlassen, bei stetiger Performance den auch zu behalten. Marken wie Hurley, Volcom, Reef oder RipCurl haben nicht einfach so den Besitzer gewechselt. Die Folge? Ein sehr guter professioneller Surfer bekommt einen Vertrag, muss hoffen, dass der Brand nicht von einer Überfirma gekauft wird und der neue CEO das Kader seiner Strategie anpasst. 

Entscheidungen, die JJF fällt, werden zum Präzedenzfall für den Rest der Surfwelt. Das ist klar, wenn man den Marketingwert und die Rekordverträge von John John bedenkt. Niemand ist flächendeckend so beliebt wie der Blondschopf aus Hawaii.

Ja, Surfen ist ein kompetitiver Freizeitvertreib und -sport, mittlerweile jenseits von Seelen gleiten lassen auf deinem Fünfzehn-Fuss-Longboard auf dem Bodensee mit Traumfängerhalsband und Acai-Bowl-Resten am Mundwinkel. Diese Welt des inneren Wellenchakras gibt es auch noch und das ist gut so. Surfen ist doch, was du draus machst. Du hast Lust auf Yoga-Bliss im Surfcamp und möchtest dich dadurch selbst finden? Sei es so, tu es. Du willst deinen Wettkampfgorilla in krassen Wellen rauslassen? Geht auch. Du willst deine Mid-Life-Crisis durch ein Abenteuer bekämpfen und buchst mit 40 einen Surfkurs. Sehr gut! Schön, dass Surfen für jeden seine Nische bietet. Das muss aber nicht so bleiben und es liegt in unserer Hand, diesen Teil des Surfen zu konservieren, statt in die finster grinsenden Marketingabteilungen der Big Players abzugeben. Denn die Vereinheitlichung, die stattfindet, ist im vollen Gange. Das heisst im Endeffekt für dich, je mehr Non-Surfer-CEOs, die grosse Firmen leiten, desto mehr wird das Marketing auf den Mainstream ausgerichtet. Das bedeutet weniger Individualität, dafür aber mehr Vorausschaubarkeit und Vereinheitlichung des Konsumenten.

Irgendwann sind wir vielleicht die alten grauen Seehunde im Line-up, die von den Tagen erzählen, als Drop-ins noch uncool waren oder es Marken gab, die nicht Adidas oder Nike gehörten. Skateboarding hat hier die Ausfahrt schon verpasst. Die Regale stehen voll mit Nike und Adidas. Dem Marketing-Budget dieser Firmen kann eine Skateschuhfirma kaum etwas entgegensetzen.

Vielleicht verliert Surfen in der Zukunft die Attraktivität für die Populärkultur und schrumpft zurück auf die, die es nicht lassen können. 
Hier eine Reaktion aus dem Kommentarbereich des Stabmag:

(…) Surf-Industrie-Dudes, Groupies und Hangers werden vom Zusammenbruch der bisherigen Sponsoringstruktur am schlimmsten betroffen sein. Weisst du was? Für alle ausserhalb der Branche ist nichts davon wirklich von Bedeutung. Es ist nur ein bisschen Schadenfreude, zu sehen, wie die abgespeisten Bros, die dachten, die Surfbranche würde ihr Vermögen während ihrer gesamten Karriere unterstützen, feststellen, dass sie gef***t werden. Für den Kern, der ausserhalb der Branche existiert, sind unsere Arbeitsplätze nicht bedroht und wir werden nicht aufhören zu sehen, wie diese Profis surfen. Tatsächlich werden wir wahrscheinlich mehr von ihnen sehen, wenn sie sich an andere Unternehmen vermarkten.

Die Nihilisten der Szene werden zustimmen, dass es in jedem anderen Sport auch so sei. Bringt ja eh alles nix. Aber seit wann sind wir denn jeder andere Sport? Findest du den ganzen Sponsorenzirkus überbewertet? Sind das nur Luxusprobleme überzüchteter Pro-Surfer-Seelen? Steht die Surfkultur vor dem endgültigen Kultur-Armageddon? 

Das einzige, was wir tun können, ist unseren Konsum zu steuern. Von Surfern, für Surfer. Verfolgst du diese Gedanken bei deinem Konsum, hilfst du bei der Gestaltung der Surfwelt mit. Manch einer würde sagen «Don’t do it» statt «just do it» und so die Maxime für ein Konsumverhalten mit Verantwortung setzen.


Weitere Links zum Thema:

Warum 70% weniger Lohn für Pros wahrscheinlich ist:
https://stabmag.com/news/insiders-speak-out-on-the-hurley-sale-and-its-global-repercussions/

Zur Übernahme Hurleys findest du hier einen Artikel im WaveupBlog: 
https://waveupblog.ch/stories/surfindustrie-im-sell-out-hurley-an-bluestar-alliance-verkauft/

Mehr Rauswürfe und Kommentare anderer Pros:
https://stabmag.com/news/hurleys-surf-teams-great-migration/

Aktueller Beitrag mit der Presserklärung der Blue-Star-Alliance:
https://stabmag.com/news/finally-bluestar-alliance-speaks-on-the-hurley-buyout-and-mega-cuts/
https://stabmag.com/news/john-florence-no-longer-rides-for-hurley/

Weitere Sponsorenverluste nach Übernahme durch CEOs:
https://stabmag.com/news/alana-blanchard-and-matt-wilkinson-just-lost-their-main-sponsor/