Gleich zweimal wurden in Thun an den vergangenen Wochenenden Surf-Champions gekürt. Rivan Rosskopf dehnte seinen Siegeszug durch die Schweizer Wellenlandschaft aus, Dimitri Scholl eroberte seinen Titel zurück und Anna Lemann glänzte unter heimischer Sonne.

Nach dem «RiverSurfJam Thun» folgte am vergangenen Samstag der «Night Jam». Denn sobald sich die Sonne schlafen legt und alle Katzen schwarz sind, tauchen die inoffiziellen Champions auf.

RiverSurfJam – 11. September 2021
Bei strahlendem Sonnenschein und fast tropischen Wassertemperaturen rauschte im Herzen der Stadt Thun der vierte RiverSurfJam über die Bühne. Insgesamt 26 Surferinnen und Surfer traten in den drei Divisions Juniors, Men, Ladies gegeneinander an. Bereits um zehn Uhr morgens säumten zahlreiche interessierte Schaulustige die Szenerie des RiverSurfJam Thun rund um die Mühleschleuse im malerischen Zähringerstädtchen. Einer Arena gleich bildeten die Brücken und das Aareufer einen Hexenkessel für die energiegeladene Actionshow der Flusssurfer.

Zuschauer auf der Brücke

Nach dem Riders Meeting pressten sich die vierzehn Männer, sechs Junioren und sechs Frauen in ihre Neoprenschläuche und stürzten sich in die Aare. Head Judge José Fernandes beobachtete die Athletinnen und Athleten mit seinem messerscharfen Profi-Auge und erstellte eine Rangliste. Aus dieser Seeding Round wurden im Anschluss die Heat Draws kreiert. Ziel der Seeding Round ist, dass nicht in der ersten Runde in einem Heat bereits drei Titelanwärterinnen und Titelanwärter aufeinander treffen. So war schon um elf Uhr klar, dass an diesem Septembernachmittag nicht nur das Wetter heiss werden würde.

Um sich zwischen den Runden etwas die Zeit zu vertreiben, flanierten die Besucherinnen und Besucher über den Surfmarkt auf dem angrenzenden Waisenhausplatz. Bei den Ständen von Sörfbrätt und Pascal de Roche (Holz nach Mass) gab es allerlei Kunstwerke aus Holz zu bewundern, die Thuner Surfbörse wurde zum Handelsplatz der lokalen Surfcommunity und die beiden lokalen Surfshops honu.ch und Dropin hielten das nötige Equipment bereit, so zum Beispiel als der Präsident der Swiss Surfing Association himself, Bene Sarkany, mit gerissener Leash aus der Aare kletterte.

Während des Lunch-Breaks rief Karin von der Yogabude zur Public Session auf und Pizzabäcker Toto konnte sich vor dem Ansturm der hungrigen Massen kaum retten. Dass sogar eine Versicherungsgesellschaft auf einen Surfmarkt passt, bewies die AXA mit ihrem charmanten Auftritt. A propos Auftritt: Busking der Extraklasse boten die Gary Twins jeweils in den Pausen zwischen den Halbfinals und vermiesten jedem Besucher, der eigentlich noch seine Samstagseinkäufe hätte machen wollen, den Plan – denn: Dem bunten Treiben rund um die Mühleschleuse im Herzen der Thuner Altstadt konnte man sich einfach nicht mehr entziehen.

Öffentliche Yogastunde

In den Semifinals verstärkte sich die Spannung und gipfelte im goldenen Abendlicht in den hochkarätigen Finalläufen. Rivan Rosskopf, der bereits die Swiss Wavepool Championships in der Junioren-Division dominierte, mischte auch die lokalen Youth-Cracks heftig auf und am Ende gelang ihm mit einem gestickten Backside-Air-Reverse der Sprung auf den obersten Podestplatz. Dicht auf den Fersen blieb ihm aber der einheimische Nicolas Wyss, der sich seinerseits wiederum ein Duell mit seinem Freund und Juniorenroutinier Parsa Frutiger lieferte. Der jüngste Grom auf Platz, Kilian Rosskopf, schaffte es sogar, Parsa vom Treppchen zu verdrängen und endete auf dem 3. Schlussrang.

Sieger RiversurfJam Thun auf dem Podest

Bei den Ladies kam es zur grossen Rochade an der Spitze. Anna Lemann, die sich bei den Swiss Wavepool Championships in Zürich bereits nach dem Halbfinal verabschieden musste, überragte das Teilnehmerinnenfeld in Thun und konnte den Jam für sich entscheiden. Laura Zimmermann, die als Titelverteidigerin angetreten war, musste den Platz räumen und neu tauchten weit oben auf der Rangliste die Namen von Nicole Sonntag (Rang 2) und Melanie Zihlmann (Rang 4) auf. Nicole überzeugte die Judges mit einem fetten Air und Melis stylische Layback-Hacks wirkten wie Sahnehäubchen in ihren Runs.

Siegerinnen RiversurfJam Thun auf dem Podest

Eine Nervenzerreissprobe lieferte der Final der Männer. Die drei Podestbeherrscher von letztem Jahr schenkten sich nichts. Tonis Lambada-360ies, Dimis unvergleichlicher Powersurfstyle und ein gestickter Shove-it-in und Shove-it-out von der Katze brachten den Hexenkessel beinahe zum Bersten. Gespenstisch still wurde es dann während dem Judging direkt nach der bombastischen Surf-Show. Beim RiverSurfJam in Thun judgen sich die Riders gegenseitig. Unter dem wachsamen Auge von José konnten sich die Punkterichter schlussendlich einigen und attestierten Dimitri Scholl die Rückeroberung des Titels. Seinen langjährigen Kontrahenten, Vincent «die Katze» Schneider verwies er auf den zweiten Platz und Luca «Toni» Allemann konnte seinen dritten Platz bestätigen. Allerdings stand auch dieser bisweilen auf wackeligen Füssen, denn Simon Lieffering lieferte während des Showdowns ebenfalls smoothe 360ies ab.

Sieger RiversurfJam Thun auf dem Podest

Night Jam – 18. September 2021
Und plötzlich waren sie da. Alle tauchten sie auf in der schützenden Dunkelheit der Nacht am wohl letzten Spätsommerabend des Jahres, kurz bevor der Herbst über unser Land brach. Auf einmal standen da Superman, Neptun, ein verirrter Wikinger, zwei Piraten… Alle mit einem Surfboard in der Hand und zack!, glänzte das Monster, wie die Thuner ihre Welle nennen, im Scheinwerferlicht: Night Jam is on.

Night Jam Thun Surfer im Wasser

Exakt eine Woche nach dem RiverSurfJam kürten die Thuner ihre inoffiziellen Champions in den Kategorien Best Costume, Best Run, Best Air und Best Wipe-out. Organisiert wird das Happening, das keine offizielle Veranstaltung ist und zu der man sich auch nicht anmelden, sondern nur eingeladen werden kann, von der Youth Surf Locals Association Thun rund um Luca «Toni» Allemann und Simon Bärtschi, die beide ebenfalls beim RiverSurfJam antraten. So schnell und unerwartet, wie der Spontan-Jam da war, verschwand er auch wieder in der Nacht und das verdutzte Nachtschwärmer-Publikum verzog sich in die nahen Schänken. Derweil rottete sich die Surf-Community bei Tifo zusammen und kürte in einer speziellen Form des Riders Judgings seine inoffiziellen Champions, bevor die wilde Surfparty der Thunerszene ihren Lauf nahm und wohl der eine oder die andere den herbstlich verregneten Sonntag zur Rehabilitation nutzte.