Von Rio de Janeiro bis Sao Paulo: Florence nimmt uns mit auf ihre Erlebnisse in Brasilien. Sie und ihr Freund sind stets auf der Suche nach den besten Wellen.

Rio de Janeiro


Schon wenn man mit dem Bus über die lange Brücke fährt, nimmt einem die Stadt in seinen Bann. Die einzigartige, hügelige Landschaft, die mit den Häusern der Stadt verschmilzt. Die Favelas, die an den steilsten Hängen dieser Hügel kleben und der Rio, der eben gar kein Rio ist. Der Zuckerhut und Christo stechen aus der verwinkelten Kombination aus Meer, Hügeln, Häusern und endlosen Stränden hervor. Ich kann es kaum erwarten, mit meinem Surfboard an der Copacabana zu stehen!

Zum Surfen kommen wir aber erst gegen Ende unseres Aufenthalts aufgrund des zu kleinen Swells. Also widmen wir uns zuerst den Touri-Sachen und entdecken den besten Cachaça, die Kultur des Karnevals und die berüchtigten Favelas. Wir besuchen den gehypten Christo und den atemberaubenden Zuckerhut. Wir schlendern durch das Künstler-Viertel Santa Teresa und bestaunen die grösste Graffitiwand der Welt. Wir fanen mit 30’000 Menschen die Flamengos im Fussballstadion an und schwingen unser Tanzbein in den besten Sambaclubs. Auch ein Highlight sind die vielen und guten Skateparks und -bars! Zusätzlich treffen wir auch noch mehrmals per Zufall auf Sky und Ocean Brown (Mini Proskater) und geniessen coole Sessions mit ihnen!

Als endlich ein Swell kommt, ist natürlich wieder Wochenende. Eigentlich hat es immer viele Menschen am Strand, aber am Wochenende besonders viele. An der Copacabana selbst surft man am nördlichsten Ende «Leme», wo sich entlang der Klippe eine heftige Wedge* bildet. Wie immer in Brasilien sind die Wellen schnell und zum Teil bilden sich üble Close-outs – wenn man nicht schnell genug ist oder eine falsche Wellenwahl trifft… Einiges besser laufen die Wellen am Ipanema-Strand an der «Praia do Arpoador» (siehe Titelbild). Wir sind extra früh auf und mit einem dieser doofen Elektro-Scooter um 6 Uhr dort hingefahren. Es sind schon etwa zwanzig Leute im Wasser! Hier sind wir nicht mehr in Peru, wo die Leute niemals früh aufstehen würden. Nach einer Viertelstunde und einer Welle später reicht es mir auch. Zu viele Leute! Wir wechseln in die nördliche Mini-Bucht «Praia do Diabo». Hier sehen die Wellen ziemlich verblasen aus, doch immerhin hat es nur einen Typen im Wasser. Die Anfänger getrauen sich wahrscheinlich nicht rein, weil es viel Steine hat und die Strömung etwas stärker ist. Es stellt sich heraus, dass die Wellen super sind! Wenn man auf das richtige Set wartet, hat man eine richtig lange Right, die schön offenbleibt! Auch wenn wir es leider nicht nach «Barra de Tijuca» oder «Saquarema» schafften, wo anscheinend der beste Surf von Rio ist, sind wir mit unserem Rio-Surferlebnis doch noch zufrieden.

*Wedge: Wenn sich zwei Wellen kreuzen und auf einmal ein doppelt so hoher Peak entsteht.

Grauer Inseltraum


Die zwei britischen Girls, die mit uns das Zimmer in Rio teilen, überzeugen uns, ihnen nach Ihla Grande nachzureisen. Wir immer ohne Plan haben von der Insel nichts gehört, aber anscheinend kann man da surfen. Also los! Am Tag unserer Abreise beginnt es in Rio zu regnen und es sollte nicht mehr aufhören für drei Wochen. Das Unwetter verfolgt uns auf die anscheinend traumhafte Insel mit türkisblauem Wasser und weissem Sand, die wir nur in grauer Ausgabe zu Gesicht bekommen. Aber zum Surfen und Tauchen braucht man zum Glück keine Sonne. Und ohnehin: Sonst hätten wir uns wahrscheinlich sowieso die schlimmsten Sonnenbrände geholt.

Ilha Grande
Eher grau statt blau: Ilha Grande.

Neben Party, Tauchen und Inselhopping hat die grosse Insel, wie bereits erwähnt, einen Surfspot auf Lopes Mendes zu bieten. Von dem Dörfchen, in welchem die meisten Hostels liegen, geht man entweder mit einem teureren Speedboot oder einem grossen Boot auf die Insel und muss einfach aufpassen, das letzte um 18 Uhr nicht zu verpassen. Danach folgt man noch etwa 20 Minuten einem Pfad zu besagtem Strand. Gleich rechts, am nördlichen Ende des Strandes bricht die beste Welle. Am südlichen Ende kann man Mantarochen mit dem Schnorchel entdecken. Wer kein Brett hat, kann am Strand eins mieten. Für uns ideal, da JPs Brett zerbrach (siehe dazu Teil 2). Einmal ist niemand am Strand ausser uns, weil es besonders regnerisch und früh ist. Wie sich aber herausstellt, lagern die Vermieter ihre Boards einfach zwei Meter vom Strand im Wald. Am Strand selbst kann man den kleineren Beachbreak surfen, der aber eine starke Strömung hat. Viel besser läuft die rechte Welle neben den Felsen, die durch die Steine auch eine schönere Form erhält. Die Welle bleibt offen und erlaubt schnelle Manöver. Weil sie so abgelegen ist, surft man sie auch nur mit wenigen Leute oder sogar allein. Definitiv ein Inseltraum, auch wenn ein grauer.

Die Wiege des Medina


Das Wetter begleitet uns mit dem Boot auf das Festland und in das süsse Kolonialstädtchen Paraty. Ein wunderhübsches Städtchen, ein kurzer Besuch lohnt sich allemal. Am nächsten Morgen reisen wir weiter nach Maresias. Der Surfort der Sao-Paulo-Umgebung, der Geburtsort von Medina und die Schwärmerei jedes Surfista Paulista*. Und wieder werden wir enttäuscht. Der vorhergesehene Swell trifft nicht so gross ein, wie wir dachten. Immerhin hat es ein bisschen Wellen, auch wenn nicht die erträumten Tubes.

Paraty
Zwischen den Hausmauern von Paraty.

Auf der südlichen Hälfte des Strandes erwischen wir aber lustige, schnelle Rights. Da es ein Beachbreak ist, lässt es sich auch nach Links surfen, die Rights haben aber mehr Power. Weil wir unseren Aufenthalt bewusst unter der Woche geplant haben, surfen wir nur mit zwei bis drei weiteren Leuten im Wasser. Am Freitag kommen sie dann aber! Es ist ein verlängertes Wochenende wegen eines Ferientags und der Regen ist allen egal. Das verschlafene Dörfchen öffnet alle Pforten und plötzlich sind Geschäfte offen, die wir immer für geschlossen gehalten haben. Auf der Strasse und im Wasser tummeln sich halbnackte, feiernde Brasilianer und wieder einmal mehr, wissen wir, wieso die Menschen, das Land ausmachen: Wo auch immer Brasilianer auftauchen, steigt die Stimmung auf 100 Prozent. Surfen tun wir natürlich immer noch lieber mit wenigen, deshalb nehmen wir auch den Bus zurück nach Sao Paulo.

*Paulista: Die brasilianische Bezeichnung für in Sao Paulo wohnhafte Menschen.

Von Fröhlichkeit und Familie


Die letzten Tage in Sao Paulo sollten zu unseren besten werden. Zwar ist kein Surfen mehr involviert, jedoch viel Liebe, Freundschaft und Skaten. Auf unserer Reise haben wir gemerkt, dass das Surfen im Gegensatz zu Peru eher schlecht ausfällt, wir hatten aber auch Pech mit den Swells. Ich mochte dennoch die Schnelligkeit der Wellen und die Power. Was wir von Brasilien hauptsächlich mitnehmen, ist die absolute Herzlichkeit der Menschen. Ihre Neugier, Offenheit, Positivität und Freundschaft sind absolut Gold wert. Mit ihnen macht es auch Spass, Close-outs zu surfen. Zusätzlich ist die Skateszene in Brasilien unglaublich gross, schön und auf einem hohen Niveau.

Copacabana
Ramp an der Copacabana.

Wir sagen gerne: Die Brasilianer sind in allem gut; surfen, skaten und tanzen! Wir fragen uns, wie es ihnen so leichtfällt. Die Antwort lautet: Die Liebe, Zuneigung und der positive Vibe, die sie in Freundeskreisen, Skate Sessions und Barbecues mitbringen, verleiht einem so viel Energie, dass man das Gefühl hat, man kann alles schaffen. Mit schmerzendem Herz nehmen wir Abschied von einem unglaublich schönen, farbigen, vielfältigen, tanzenden und lachenden Land und fliegen zurück zu besseren, aber auch tristeren Wellen.

Folge Florence auf ihrem Instagram-Kanal (@flow_zkid) oder dem gemeinsamen Kanal mit JP (@jp.goeswiththe.flow)