Israelische Restaurants, tote Beuteltiere, leere Wellen und schmerzende Füsse. Infos und Erfahrungswerte für deinen Trip an die unberührte «Tuna Coast» in Panama.
Im Oktober versuchten wir während der low season, an der «Tuna Coast» in Panama ein paar einsame Wellen zu scoren. Vorher galt es jedoch, von Pavones über die Karibikseite nach Zentralpanama zu gelangen. Von Panama City aus gibt es 1001 Möglichkeiten, nach Playa Venao zu kommen: Öffentliche Verkehrsmittel, Taxi, Hostel-Shuttle – du hast die Wahl. Da wir von Westen aus kamen, hier unsere Erfahrungswerte.
Anreise nach Los Santos über Costa Rica
Von San José, Costa Rica, kannst du einen Shuttle nehmen, dich nach Puerto Viejo und danach weiter nach Bocas del Toro fahren lassen. An beiden Orten gibt es Surf im Sommer und ab Dezember kommen die grossen Swells. Im Herbst geht hier nix. Party, karibische Vibes, tauchen und schnorcheln oder auch einfach nur den Schultern Erholung gönnen wird in «Buacas», wie die Expat-Jamaikaner vor Ort sagen, einfach gemacht und es lohnt sich auch ohne Surf, ein paar Tage in Grenznähe zu Panama in Viejo oder eben auf den Karibikinseln bei Bocas del Toro einzuplanen. Einige Hostels bieten unkomplizierten Shuttle Service an, von der Karibikseite aus ist es mit dem öffentlichen Verkehrsmitteln zwar billiger, aber auch nicht unbedingt «muy bueno». Der Grenzübergang ist kein Problem und kostet nur ein paar Dollar.
Warum zuerst nach Playa Venao?
Das war für Sheila und mich die erste Wahl, da der Transfer leicht war und in Playa Venao ein Supermarkt, Restaurants und Infrastruktur warteten. So kann man vor Ort mit Locals oder anderen Surfern über nahe Spots diskutieren und sich an den Vibe in Panama gewöhnen, statt sich direkt ins Nichts zu begeben. Das ist natürlich Geschmacksache. Die lokale Wirtschaft trägt sich selbst auch ohne Tourismus und man trifft viele Panamerikaner, die aus den Städten zur Küste zum Surfen kommen. Die Atmosphäre ist offen, relaxt und höflich.
In Venao angekommen solltet ihr die fünf Minuten ans andere Ende des Dorfes spazieren, um den Sesamthunfisch und das Hummus im Coleos zu geniessen. Die Pizzeria war überteuert und nicht gut, das Essen im Selinas eher im unteren Preisleistungsbereich. Die israelischen Restaurants und auch die kleine Bäckerei bieten guten, europäisch zubereiteten Kaffee und leckeres Essen.
Hast du die Gelegenheit, vor Playa Venao einzukaufen, ist dies empfohlen. Die Preise vor Ort im Supermarkt sind höher als im Inland. Bohnenpaste und Tortilla- oder Burritoscheiben dienten uns in ganz Zentralamerika als gute Quelle für Proteine und Kohlenhydrate, kosteten eben auch nicht viel. Salsa Lizano nicht vergessen, natürlich! Für die Feinschmecker unter euch kann man auch eine Dose Thunfisch in den Wrap einbauen oder was eben schmeckt.
Sei dir im Klaren darüber, dass der Beachbreak in Playa Venao nicht unbedingt Weltklasseformat hat und du ihn dir mit vielen anderen teilen musst. Wir waren an einem verregneten Wochenende im Herbst dort und der Swell war jenseits von optimal. Es blieb nur eine kleine Section zwischen zwei Peaks, die nicht zumachte, wie der Rest vom Strand. Dennoch waren über dreissig andere im Wasser und das Level war nicht niedrig. Somit liegt es nahe, die Apps abzuklappern, Locals zu fragen und Google Earth anzuwerfen, denn hier gibt es viele Buchten. Es geht mehr mit ein bisschen Entdeckergeist und die Suche lohnt sich.
Playa Venao Spotübersicht
Forecastlink: https://www.surf-forecast.com
- bevorzugte Swellrichtung: Süd
- günstige Periode: 9-15 Sekunden
- läuft ab 1 Fuss für Longboarder
- windempfindlich
- Jahreszeit: egal
- consistent
- crowded
- A-Frame
- open face / hollow (je nach Swell)
- Untergrund: Sand
Whats next? Cambutal!
Unsere Route führte danach zur Bucht von Cambutal, von der vieles erzählt wurde. Hier gibt es viel zu entdecken und fast schon mythologisch anmutende Spotnamen. Auf dem Weg liegt eigentlich Guanica, eine wachsende Community vor einem guten Pointbreak und mit einer (!) Unterkunft names Guanico Surfcamp, die vor 18 Jahren von einem Schweizer Paar gegründet wurde. Cambutal bot mehr Möglichkeiten und war weniger windanfällig, was Guanica bezüglich Reiseroute erstmal auf Standby setzte.
In Cambutal kannst du für etwa 60 USD im Kambutaleko übernachten. Maria kümmert sich um alles für dich und gibt auch gerne jedwede Information über die diversen Spots in der Bay. Du solltest doch bedenken, dass sie selbst kaum surft und sobald es um Swellrichtung oder Periode geht, kann sie nicht mehr helfen. Von der Hängematte aus kannst du im Kambutaleko den Beachbreak und das outer reef beobachten, dem Swell beim Rollen zusehen oder einfach nur das Blätterrauschen geniessen. Das Land hier ist in der Regenzeit extrem grün. Es ist so dicht und so grün, dass man mit viel Phantasie an ein heimisches Brokkoliregal denken mag.
Ziel 1: Quatro-Onze aka 411
Maria zufolge dauert der Fussweg hierher keine 30 Minuten, plane aber lieber mal eine Stunde. Du wanderst die einzige Hauptstrasse in Richtung Westen bis zu einem Schild auf dem Teyuno steht, hinter die erste Landzunge und du findest bei mittlerer ansteigender Tide einen rechten Pointbreak über vulkanischen, plattenartigen Felsen zwischen denen scharfe Felsbrocken liegen. Da steht auch ein Haus, das für Langzeitmiete verfügbar ist. Auf dessen Mauer steht «411» geschrieben und du weisst spätestens jetzt, dass du richtig bist. Am besten du paddelst von der Seite ins Line-up, da die Welle schön lang läuft und der Hinweg vom Ende der letzten Section aus doch plus minus hundertfünfzig Meter zum Peak sein könnte. Generell ist die Küste mit ihren Spots recht windanfällig, zumindest im Herbst und am ersten Tag unserer Suche zeigte surf-forecast.com zwar gute Bedingungen, der Wind und drei Swellrichtungen machten 411 beim ersten Versuch jedoch nicht surfbar.
Am nächsten Tag trafen wir eine Stunde vor Hightide am Spot auf gute Bedingungen und zwei nette Locals, die uns höflich grüssten und die Welle mit uns teilten. Auch über andere Wellen, Tipps und die einheimische Gemeinschaft gaben Gonzalo und Moises gerne Auskunft. Eine der längsten rechten Wellen der viermonatigen Trips konnte ich hier abstauben. Nur Sunzal in El Salvador war länger. Die erste Section bricht über zwei erhöhte Platten und nach dem Take-off wird es steil, du musst um eine fallende Lipp herum (oder drunter), um danach die Wall zu geniessen. Locals haben berichtet, dass bei grösserem Swell eine Barrel abzuholen sei. Bist du um das Weisswasser herumgekommen, geniesst du eine steile und kurze Schulter, bevor die Welle über einer tiefen Stelle in der Bay vor sich hin plätschert. Schaffst du auch diesen Bereich, dann wird sie schnell und steil, verliert aber an Höhe und du kannst sie bis zum Strand absurfen. Gelingt dir das, musst du zu Fuss zurück zum Einstieg.
411 Spotübersicht
Forecast-Link: https://www.surf-forecast.com
- eine Stunde vor Hightide ist gut
- kein low tide spot
- Swellrichtung: SSW
- rechter Pointbreak
- Untergrund: Stein/Sand
- Take-off Zone steil, mittlere Section schwach, steile Shore Section
- Paddle-out vom Point aus
- Paddle-in am Ende der letzten Section
Ziel 2: Corto Circuito
Am ersten Tag als wir also feststellten, dass 411 nicht lief, spazierten wir weiter. Maria vom Hotel sagte, es seien nur 45 Minuten bis zu dem sehr attraktiven Spot «Corto Circuito». Der Spot war in der Realität 2,5 Stunden zu Fuss (pro Weg) entfernt. Vier kleine Flüsse, mehrere Affensichtungen und mit malträtierten Füssen erreichten wir das Ufer der Bucht. Die Füsse schmerzten, da wir für den vermeintlich kurzen Ausflug «nur schnell» unsere Reefboots montierten. Der Sandstrand war etwa zehn Meter breit, unterbrochen von einem ansehnlichen beige-braunen Fluss. Uns wurde empfohlen, die Strasse zu nehmen, was wir taten. Zwanzig weitere Minuten später standen wir vor einem zwanzig Meter breiten Fluss ohne Brücke, der nach meinem Versuch ihn zu queren schon nach einem Meter hüfttief war. Ohne fetten 4×4 mit Schnorchel ist hier also auch für die Automieter oder -besitzer fertig lustig. Also führte der Weg zurück zum Strand, wo wir es schafften, den Fluss zu durchqueren.
Der Strand hier ist unfassbar unberührt und der schwarze Sand, die Golfball-grossen Einsiedlerkrebse in Horden, die Geier, die Raubvögel, der Dschungel und das Gefühl, gerade zu Fuss nach irgendeiner Welle zu suchen, hatte die Wanderung mit Brett bereits lohnenswert gemacht. Stehst du auf das Gefühl, lost zu sein, dann findest du es hier. Ein einziges verlassenes Haus steht an den hunderten Metern Küste. Vom Kambutaleko aus sind es 8km bis zu Corto. Wir nähern uns dem Ende der Bucht, einer grösseren Felswand, vor der noch ein (!) Fluss ins Meer läuft. Zwischen Wand und den grossen emporragenden glatten Felsen im Flusslauf befindet sich der sehr gute Pointbreak. Krokodilangriffe mit Menschenopfer gab es hier laut Maria noch nie. Der Weg dauert laut ihr aber auch nur eine Stunde. Die Welle funktioniere an diesem Tag leider auch nicht wirklich und das Wasser hatte dieselbe Farbe wie der Fluss. Brauner, flockiger Schaum überall im Meer, bäh. Somit liefen wir insgesamt an diesem Tag fünf Stunden, bewaffnet mit Boards und einer 3-Liter-Wasserflasche, ohne Surf. Das Potential der Welle war sichtbar. Diese Welle wird sicherlich die am wenigsten besuchte sein, da die Flüsse und der unklare Forecast die meisten Leute abhalten werden. Du solltest dich bei Wellen in der Nähe solch grosser Flüsse in warmen Gewässern immer nach Krokodilen erkundigen. Die Einheimischen hier erschiessen die ab einer gewissen Grösse, da sonst andere Tiere oder ihre Kinder in Gefahr geraten. Ein Taxifahrer meinte nur, die Krokodile hier hätten keine Zähne und lachte laut.
Corto Circuito Spotübersicht
Forecastlink: https://www.surf-forecast.com/breaks/Corto-Circuito
- Low-tide-spot
- windanfällig
- Low-tide am Morgen früh ist gut für wenig Wind
- Anfahrt schwierig und Fussweg weit (8km von Kambutaleko)
- Swellrichtung: SSW
- Gefahren: Steine, Verschmutzung durch die beiden Flüsse, Krokodile
Ziel 3: Indicators und Dinosaurus
Von 411 aus sieht man entlang des flacheren Teils der Landzunge eine recht heftige Rechte brechen, deren Face das Doppelte von 411 misst. Fransig brechen hier barrelnde Monster. «Indicators» heisst diese Welle, die wir nicht surfen. Locals sagen, dass der Name von dem Bezug zu 411 stammt: Ist Indicators zu gross, läuft 411 gut. Ein paar Meter weiter der Küste entlang von Indicators aus in Richtung Westen befindet sich der Spot namens «Dinosaurus». Hier bricht eine linke über recht fiese Steine, die während unseres Trip nicht funktionierte. Locals berichten davon, dass Dinosaurus und 411 sich verbinden, wenn ein mächtiger Swell auf die Küste trifft. Sind das nur Surfer-Legenden?
Ziel 4: Beachbreak Cambutal
Östlich vom Kambutaleko befindet sich eine sandige Bucht mit ein paar wenigen, teureren Unterkünften. Östlich dieser Unterkünfte ist eine Flussmündung und vorher liegen ein paar gute, aber nicht aussergewöhnliche Sandbänke. Vorteil ist, dass diese ein grösseres Tidenfenster haben und somit eignet sich dieser Spot für eine Session während den Tageszeiten, an denen die Attraktionen nicht mehr oder noch nicht laufen.
Ziel 5: Vermutungen und Ungewisses
In den Buchten sind Riffe bei low tide sichtbar, die hunderte Meter vom Ufer entfernt sind und an denen etwas bricht. Wer weiss, was hier je nach Swellrichtung und Grösse zum Leben erwacht? In der Buchtmitte vor 411 soll eine Linke bei grossem Swell laufen und wenn man das Westende der Isla Caña in der Nähe des Flusses auf Google Earth anschaut, dann sieht man eine rechte Welle, die mit der richtigen Swellrichtung und -grösse tendenziell ab Dezember funktionieren soll. Santa Catalina und die Bucht von Chiriqui gilt es noch zu erkunden, was das Ende der Zeit in Cambutal einläutet.
Ein letzter Tipp an dieser Stelle: Entscheide vor Ort, frag rum, spazier mal um die Ecke der nächsten Bucht und geh selbst auf die Suche. Vielleicht surfst du allein eine wunderbare Welle? Vielleicht findest du dein kleines Paradies? Vielleicht findest du auch nur Mosh und eine gute Story zum erzählen. Und jetzt du – get lost!