Per Zufall verschlug es uns nach Ecuador. Wir hatten genug von Peru und wollten Weihnachten in guter Gesellschaft verbringen. Eine Freundin von JP lud uns ein, mit ihnen zu feiern. Also packten wir unsere Sachen, mit dem Gedanken, dass wir bald danach weiterreisen.

Burning Batman
Anstatt in gemütlichen 29 Stunden von Lima nach Guayaquil zu fahren, brauchten wir drei Tage, drei verschiedene Busse und eine Durchfallerkrankung, bis wir im ecuadorianischen Olón ankamen (Olón ist das ruhige Städtchen neben der Party Stadt Montañita). Obwohl unsere Busbuchung «versifft» wurde, wollten wir einfach nur nach Ecuador und waren deshalb froh, als wir endlich im gemütlichen «Casa del Arbol» ankamen.

*Eine passende Unterkunft und Surf- und Speerfishing Abenteuer in Olón bieten Steph und Rugby (@finspassion) an.

Der Right Hand Point von Montañita ist sehr nice, leider aber immer voll. Mich hat das aber keine Bohne gestört, weil es noch so viele andere Surfspots in dieser Umgebung gab, ganz ohne Leute und Locals, die dich sneaken. Zudem bot Olón einige A-Frame Beachbreaks, von gemütlich bis heavy. Zuerst wurde aber mit viel Speis und Trank Weihnachten und Neujahr gefeiert.

Neben der guten Gesellschaft kamen wir auch in den Genuss der Traditionen des Surf Städtchens Olón. Eine davon ist Pappfiguren zu basteln, meistens Comic Helden, und diese dann an Neujahr zu verbrennen. Die andere war, um Mitternacht im Wasser zu sein und zu surfen! Leicht beschwipst stürzten wir uns in die dunkle See und paddelten hinter die Wellen. Als wir uns zum Strand umdrehten, konnten wir unseren Augen nicht trauen: Überall brannten grosse Lagerfeuer (wegen den Pappfiguren) und der Himmel wurde von Feuerwerk erleuchtet. Unser Freund nahm die erste Welle im Neuen Jahr und alle johlten. Weil man nichts sah, wurde einfach mal gepaddelt, bis man eine Welle erwischte. Nach dem ersten grösseren Set hatten wir uns alle verloren. Es machte aber nichts, weil so viele Leute im Wasser waren und man sich gegenseitig einfach feierte. Ein richtig guter Ritt ins Neue Jahr war das und Ecuador fanden wir auch schon toll.

Sleep, Eat, Surf, Repeat
Nach den Festtags-Wochen purzelten wir ein paar Dörfer weiter in den Norden nach Ayampe. Dieses Dörfchen ist noch ruhiger als Olón und voll mit surfenden Expats. Daher gibt es gute Pizza, veganes Essen und Veggie Burger. Und natürlich gute Wellen!

Die Wellen in Ayampe werden bei Südswell richtig gross und können barreln. Für gute Barrels muss es jedoch ziemlich windstill sein. Bei einem kleinen Nordswell, am besten mit einem Mix aus Südswell, läuft «la Patera». Ein Beachbreak 20 Geh-Minuten von Ayampe in Richtung Las Tunas. Morgens und abends ist es meist schön glassy. Bei High Tide bleibt die Welle offen, bei Low Tide kann man sich dort die härtesten Barrels geben. Etwas zu surfen gibts fast immer. Besser ist es aber an ziemlich grossen oder kleinen Tagen auf die Wellen rings um Ayampe auszuweichen. Viele nehmen die Busfahrt und das Gelaufe nicht auf sich, was weniger Leute im Line-up verspricht. Dennoch ist es ratsam, so früh wie möglich zu gehen, um die Wellen sogar ganz für sich zu haben.

Mit dem Bus, der irgendwann mit viel Stress auftaucht, kommt man in der Manabí- und der angrenzenden Santa-Elena-Umgebung gut und günstig rum. Ansonsten nehmen dich auch Pick-ups gerne mit oder die Taxis sind sich gewohnt, Boards vorne einzuladen. Und wenn du mal gar keine Lust hast, gibt es überraschenderweise in der Ayampe-Gegend coole Mini Ramps zum Skaten!

Pumping Santa Manabí
Innerhalb von einer halben Stunde sind mehrere Surfspots zu finden. Einer meiner Favoriten ist «Rio Chico». Ein langsamer Left Pointbreak, der gegen Ende noch richtig schnell wird. Bei grossem Swell trauen sich nur die wenigsten, die 2.5-Meter-Wellen von ganz aussen zu nehmen, obwohl der Take-off richtig nice ist und die Welle einen Cutback erfordert, um ihr nicht davon zu surfen. Zusätzlich tauchen die meisten erst zur Low Tide auf, aber sie funktioniert auch schon etwa zwei Stunden vor Low Tide. Mit genug Wasser, Sonnencreme und Energie im Gepäck definitiv einer der besten Spots in der Umgebung.  

Ein paar Busminuten in die andere Richtung kommt «La Rinconada». Erst nach einem steilen Fussmarsch abwärts in eine wilde, grüne Bucht, erblickt man die blauen Linien und das versteckte Dörfchen. Dieser Spot ist nur minim besucht, ob der steile Heimweg daran Schuld ist oder der super sketchy Right Hander, bleibt offen. Denn die Welle ist richtig gut, nicht zu langsam und mit Power. Der Take-off ist das schwierigste. Er ist relativ schnell, steil und man sollte ihn wegen den Steinen nicht versieben (bei Low Tide ist sie unsurfbar). Schon während der Mid Tide grinsen dich die Steine an, wenn die Welle das Wasser ansaugt. Zur «Beruhigung» teilte mir ein Local im Wasser zudem mit, dass es ein Hotspot für Weisshaie ist und er sie ab und zu durchschwimmen sieht.

Das Highlight dieses Spot ist die wilde, raue Natur, mit welcher man sich sehr verbunden fühlt, wenn die Wellen das Wasser ansaugen, der Anblick der Steine dir Adrenalin in den Körper pumpt, du aber durch das grüne Paradies surfst und nicht an die Haie denkst. Zum Teil erwischt man eine so lange Welle, dass man in den Beachbreak vor dem Dörfchen kommt. Ansonsten befindet sich der Ausstieg in einer kleinen Bucht, welcher Geduld und ein paar Schnitte fordert.

Ein beliebter Spot bei Anfängern und Longboardern ist «La Entrada». Das Dörfchen hat übrigens auch die schönste Kirche mit Meerblick, den besten Cheesecake und künstlerisch bemalte Häuser. Wenn die Wellen für manche zu gross werden, geht man zu diesem langsamen, fetten Reef Break. Hauptsächlich ist die Right gut, aber zum Teil kommen auch richtig nice Lefts vorbei. Bei Mid Tide läuft sie am besten, wobei man sie auch meistens mit vielen Longboards teilt.

Obwohl wir immer wieder von den gleichen Wellen angezogen wurden, hat der Küstenstreifen von Manabí und Santa Elena noch einige Spots mehr zu bieten. Nur einmal gingen wir noch rasch bei «Salango» mit zehn Locals ins Wasser. Es ist eine spassige und relativ unbekannte Left, die morgens wahrscheinlich auch ohne Locals zu surfen ist. Egal ob Beachbreak, fetter Point Break oder schnelle Barrels, es lohnt sich allemal aus Montañita rauszugehen und Wellen zu entdecken! Denn bei jedem Spot wird es besser und besser.

Surfen gegen die Besten
Unsere Trips haben uns auch ein paarmal zurück nach Olón verschlagen für «feini Znacht», ein bisschen Party und fürs Surfen. Als unser Freund, der venezolanische Pro Surfer Rugby, uns fragte, ob wir an seinem kleinen Contest mitmachen würden, sagten wir daher natürlich ja. Was wir nicht wussten war, dass das junge, starke National-Team von Ecuador, wobei die meisten in Montañita leben, auch mitmachen würde. Legère haben wir uns und unseren Schweizer Freund (engagierter waveup’ler) Dodo angemeldet, Dodo trafen wir per Zufall vor Ort. Sein erster Heat war gegen Rugby, meiner gegen Mimi Barona: Weiblicher Champion von Ecuador und Latein Amerika. Zum Glück oder Pech waren die Wellen extrem klein, wodurch ich irgendwie ins Halbfinale kam. Obwohl wir zu Beginn Angst hatten anzutreten, zeigten die Locals Freude an den Schweizern, die das Line-up aufmischten. Erste Contest-Erfahrung check! Schweizer Surfchampionship wir kommen!

Wollen wir mal weiter?
Nach etlichen Wochen im gleichen Umkreis in Ecuador wollten wir wieder eine Entscheidung treffen. Die letzten drei Wochen haben wir mit Dodo verbracht. Jeden Morgen sind wir früh raus und haben zum Teil drei Sessions pro Tag gesurft. Es war schön, wieder einmal in Schweizerdeutsch Witze zu machen und Surf Sessions zu teilen. Als er dann nach Hause ging, entschieden wir uns, auch weiterzuziehen und besuchten die Galapagos-Inseln. Anscheinend gibt es dort richtig gute Wellen. Wie gut die Wellen dann wirklich waren und warum Galapagos ein wahres Paradies ist, könnt ihr im neusten WaveupMag (Nummer 22, Sommerausgabe) nachlesen!

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Bevor wir auf die Inseln flogen, machten wir einen Zwischenstopp in Salinas. Über Social Media wussten wir, dass dort ein neuer Skatepark (@pacific.oasis) im Januar eröffnet wurde. Wie sich herausstellte, ist der Besitzer ein Tessiner, mit welchem wir mehr Bier getrunken und geplaudert haben als geskatet. Einen kleineren, nicen Skatepark hat auch der Pro Surfer Sebas (@Salinicegargae) in seinem Garten. Sein Freund nahm uns mit zum «La Fae» – eine richtig gute Left mit gewaltigen Seelöwen auf dem Felsen nebenan. Dass wir noch viel mehr Seelöwen, Skatebowls und gute Wellen auf den Galapagos-Inseln antreffen werden, wussten wir noch nicht.

Wellen-Rausch
Nach unserem Insel-Abenteuer wollten wir eigentlich weiterreisen. Nach Kolumbien oder Mexiko oder wo auch immer. Mein Freund JP wollte davor aber noch einen kurzen Abstecher nach Playas machen, weil gerade ein guter Swell reinkam. Also packten wir all unsere Sachen und fuhren nach Puerto Engabao. Ein kleines Fischerdörfchen neben dem nicht so schönen Inland-Touri-Ziel Playas, im Süden von Ecuador. Unser Hostel haben wir vor allem wegen den günstigen Preisen, aber auch wegen den Fotos von Ping-Pong-Tisch, Tieren und Hängematten ausgesucht. Zum ersten Mal sind wir in einem wirklichen Surfhostel mit surfhungrigen, interessanten Reisenden und liebevollem Host und Guide gelandet.

Ich, als Tierliebhaberin, betrat auch im Sinne von Katze, Hunde, Welpen, Kücken und Schweinchen das Paradies. Das inoffizielle Engabao-Wappen ist ein riesiges Schwein, weil sie dort überall herumlaufen. Puerto Engabao selbst hat einen schönen, schnellen, kraftvollen Right Point Break. Die dutzende Fischerboote, die zwischen 8 und 10 Uhr miteinander ins Meer fahren, machen es jedoch unmöglich, in dieser Zeit zu surfen. Das heisst, es gibt meist Sunrise Sessions bis 8 Uhr und frühe Nachmittags-Sessions bevor die Boote zurückkommen.

Playas ist der Ort für Barrels. Auch P. Engabao barrelt, wenns gross ist. Wenn der Swell stimmt, geht man aber lieber zu den 14 Point Breaks von Playas. Die Points erreicht man nur durch Laufen und sind dementsprechend nicht immer voll. Es gibt meistens genügend Ausweichmöglichkeiten. Die Locals sehen es sogar als Provokation an, wenn man bei dem Spot rein geht, wo sie gerade surfen, obwohl der Spot nebenan leer ist. Ich habe von Playas nicht viel erwartet, vor allem, weil es mehr ein Zwischenstopp war. Aber als ich die ersten Wellen bei «Olas Verdes» ritt und meine ersten guten backhand Snaps bei «La Posada» machte, hat Ecuador wieder einmal mehr all meine Erwartungen übertroffen. Die Wellen wurden von Ort zu Ort immer und immer besser. Jeder der 14 Point Breaks ist eine Right, jedoch ein bisschen anders. «Olas Verdes» ist gemütlicher als die schnellen Barrels von «La Posada» oder die ewig langen, kraftvollen Wellen von «Mal Paso». Bei grossem Swell bietet es sich an, von Point zu Point zu surfen, wobei man zum Teil ein bisschen paddeln muss. Du weichst so jedoch den Menschenmengen aus und ersparst dir den Spaziergang zurück.

Kronen Momente
Wir blieben also wieder einmal länger als wir dachten. Und dann kam Corona. Bevor sie den Lockdown ausriefen und alles schlossen, fuhren wir noch ein paar Mal mit unseren Hostel Buddies nach Playas. Eines Tages hatten wir «Mal Paso» für uns allein (weil viele nicht mehr surfen gingen). Der Spot war on fire und jedes Set brachte genau sechs Wellen mit sich, sodass für jeden eine dabei war. Sie schien nicht mehr aufzuhören und erlaubte, kraftvolle Manöver zu wagen. Sicher einer der besten Surfs und vor allem Freundschafts-Sessions überhaupt!

Danach wurde es heikel, nach Playas surfen zu gehen. Beziehungsweise überhaupt surfen zu gehen. Nur noch Notwendigkeiten durften ausgeführt werden und das Militär patrouillierte die Strände. Eigentlich wäre es möglich gewesen, «Mal Paso» zu surfen, weil es an einem Ort war, wo kein Polizist hingelatscht wäre. Das Problem war aber, dass man ohne gute Begründung und vor allem mit Surfboard unter dem Arm nicht mehr aus Puerto Engabao rauskam.

Wie unsere Quarantäne-Tage im Surf Shelter genau verliefen, könnt ihr auch auf diesem Blog nachlesen. Ich wagte es nur noch einmal, im Dörfchen selbst surfen zu gehen. Was definitiv auch zu einer meinen besten und nervenaufreibendsten Sessions gehört. Unsere australischen und amerikanischen Freunde wanderten jedoch tatsächlich drei Stunden zu den Points und campten dort. Da wir bald nach Hause flogen, machten wir nicht mit. Doch ich kann gut verstehen, wie einem die Wellen zurufen, wenn in der Hochsaison ein sicker Swell nach dem anderen reinkommt.

Auch wenn wir ungern unsere Surfboards zurückliessen, wussten wir so, dass wir wiederkommen. Und darauf freue ich mich. Die Wellen von Ecuador haben mich in ihren Bann gezogen. Ihre Varietät, die Wärme, die Kraft und die Tierwelt hat mich verzaubert. Nie hätte ich gedachte, dass es immer besser und besser werden würde. Und nie hätte ich gedacht, dass man drei Monate innerhalb der gleichen 180 km Küstenstreifen verbringen kann, ohne zu merken, wie die Zeit vergeht.