Der spinnt, dieser Franzose. Snowboard Champion Mathieu Crepel verabschiedete sich von Wettkämpfen und reiste zwei Jahre durch die Welt. Warum? Er wollte sich auf die Challenge seines Lebens vorbereiten: Die weltberühmte Welle «Jaws» auf Hawaii anpaddeln und surfen. Sein Freund und Regisseur Morgan Le Faucheur hat ihn begleitet.

Primetime am 23. Oktober 2018 im KOSMOS in Zürich. Pascal Brotzer und ich durften im Namen von waveup und WaveupMag die gespannten Zuschauer im vollen Kinotheater begrüssen. Auf dem Programm stand der 90-minütige Film «SHAKA», der über Mathieus Werdegang und seine Reisen durch die Welt, die in Hawaii endete, erzählte. Zum Abschluss stellten die Besucher ihre Fragen rund um das verrückte Vorhaben und den gesamten Film direkt Mathieu und Morgan.

Mir brannten noch mehr Fragen auf der Zunge, doch die beiden sahen nach der Premiere ziemlich geschafft aus, denn sie touren mit ihrem Film innerhalb eines Monats durch zwölf verschiedene Städte in Europa. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – mein Gespräch holte ich ein paar Tage später über Whatsapp nach.

Mathieu und Morgan auf der Bühne
Mathieu Crepel und Morgan Le Faucheur auf der Kinobühne im KOSMOS

Mathieu Crepel, du warst für den Film SHAKA zwei Jahre unterwegs. Hattest du jemals Heimweh oder wolltest das Vorhaben abbrechen?
Es war sehr intensiv, klar. Aber ich reise schon mein ganzes Leben lang, das bin ich mir gewöhnt. Natürlich vermisste ich teilweise mein Zuhause, ich kehre auch immer gerne wieder zurück, vor allem weil meine Heimat, das Baskenland, der schönsten Ort der Welt ist. Da gibt es Wellen und Berge. Aber nach einer gewissen Zeit zuhause, vermisse ich das Reisen. So war es auch nach meinen Reisen für den Film: Ich freute mich auf die Tour durch Europa. Beim Reisen geht es ja genau um das: Du freust dich, dein Zuhause zu verlassen, um später wieder zurückzukehren. Das ist das Schöne.

In deiner Jugend starb ein Freund von dir bei einem Snowboardunfall. Das hat dich stark berührt. Du scheust dich aber nicht davor, dich selbst immer wieder in Lebensgefahr zu bringen, wieso?
Morgan und ich verloren unseren Freund, als wir nicht einmal zwanzig Jahre alt waren. Das war hart, vor allem weil es während dem Snowboarden, unserer Passion, geschah. Wir hatten schon Mühe, wieder aufs Board zu stehen. Wir haben bis dahin nie wirklich über Risiken nachgedacht. Nach ein paar Wochen waren wir aber der Meinung, dass wir dieser Leidenschaft weiterhin nachgehen und auch wieder Spass haben sollten. Ich weiss, es ist ein gefährlicher Sport. Im Meer als auch auf dem Berg, das kann tödlich enden. Aber wir trainieren hart, bereiten uns vor, damit das Risiko klein bleibt. Es ist mir bewusst, dass es für unsere Familien und Freunde teilweise schwierig ist, dass wir uns in Gefahrenzonen begeben. Aber das wird uns nicht stoppen, das ist einfach «part of the game».

Mathieu in der Welle
Mathieu Crepel in einer Barrel

Also bist du ein Adrenalin-Junkie?
Adrenalin ist womöglich meine Droge, kann sein. Es sind gemischte Gefühle. Da ist Angst, Aufregung, Glück, das treibt mich an. Drogen bringen Unsicherheiten, das ist so. Aber Adrenalin ist in mir drin, das ist quasi eine natürliche Droge. Du bestimmst selbst darüber, wie aufregend dein Leben sein soll. Für jeden Menschen sind verschiedene Dinge aufregend, für mich ist es, mich in eine grosse Welle zu manövrieren. Es geht darum, sich aus der Komfortzone zu begeben, etwas Verrücktes zu tun.

Die «Black Shorts» regieren quasi über die Surfspots auf Hawaii. Wie haben die auf dein Vorhaben reagiert?
Als ich in Hawaii ankam, hatte ich Kontakt zu Koa Rothman, er ist der Sohn von Eddie Rothman, welcher zu den Black-Shorts-Gründern gehört. Ich hatte also Glück, dass ich ihnen vorgestellt wurde. Ansonsten wäre es für mich schwerer gewesen, denn auf Hawaii haben die eine eingeschworene Surfcommunity. Das ist sehr beeindruckend, du spürst richtig, dass es nicht dein, sondern deren Zuhause ist. Sie nannten mich immer «snowboarder guy» und wunderten sich, was ich dort überhaupt machte. Alles in allem hatten wir zusammen aber eine gute Zeit. Sie haben mir über ihre Geschichte erzählt, wieso sie für die Spots kämpften. Und doch: Sobald ich im Lineup war, war ich niemand mehr. Ich musste mir den Respekt erkämpfen und ihnen den nötigen Respekt entgegenbringen.

Durch deine Titel und deinen Mut bist du für viele ein Hero, ein Champion. Hast du auch Schwächen?
Zuerst muss ich das Erlebnis, was ich durch SHAKA machen konnte verarbeiten. Aber es wird bestimmt ein neues Projekt folgen. Vielleicht wird es eine Geschichte rund um den stattfindenden Klimawandel sein. Ich könnte mir vorstellen, dass ich diesem Thema, zusammen mit anderen, eine Stimme geben will.

Morgan Le Faucheur, hast du je etwas Ähnliches wie SHAKA produziert?
Definitiv nicht. Natürlich haben wir schon Snowboard-Filme gedreht und sind dafür um die Welt gereist. Aber bei SHAKA haben wir auf ein massiv grosses Vorhaben hingearbeitet, nämlich Jaws zu surfen. Wir haben wohl auch noch nie so viele Surfsessions gefilmt.

Was bedeutete für dich die Produktion von SHAKA?
Das war eine «once in a lifetime» Erfahrung. Wir haben interessante Menschen getroffen, ich war während der ganzen Filmzeit Schulter an Schulter mit meinem besten Freund Mathieu. Dieses Projekt werde ich immer in Erinnerung behalten und eines Tages meinen Kindern davon erzählen.

Was war die grösste Herausforderung bei diesem Dreh?
Ein anspruchsvoller Teil war sicherlich, Sponsoren zu finden, die diesen Dreh unterstützen wollten. Dann kam dazu, dass dieses Projekt verlangte, zwei Jahre von deiner Familie und deinem Zuhause getrennt zu sein. Zudem lassen sich gute Surf-Konditionen nicht vorbestellen. Ein Film zu drehen, ist gewissermassen das Lösen von Problemen. Mein Motto für diesen Film war es, immer ehrlich und aufrichtig zu sein. Ich wollte eine Story kriegen, welche die Wahrheit und nicht eine kosmetische Welt zeigt.

Kinoevent in Zürich

Hättest du dir je gewünscht, in Mathieus Position zu sein?
Nein, auf keinen Fall. Ich war ebenfalls Snowboarder, entschied mich aber fürs Filmbusiness. Das stimmt für mich nach wie vor, ich bin glücklich. Ich freue mich, meinem Freund Mathieu bei seinen Rides zuzuschauen. Ich habe ihm auch schon mehrere Male gesagt: «Du spinnst, du bist ein Idiot!» Aber dieser Typ macht, was er sich vornimmt. Ich bin jetzt 35 und er 34 Jahre alt, wir unterstützen uns gegenseitig und haben je unser Leben.

Wie erlebst du die SHAKA Film Tour?
Die ist wahnsinnig. Wir hatten so viel gute Rückmeldungen. Vor allem der Besuch in Paris war echt der Hammer. 1’300 Personen in einem Kino, das war unglaublich! Wir fühlen uns geehrt und sind überglücklich.

Was ist dein nächstes Projekt mit ALMO?
Wir haben einiges in der Pipeline. In der Planung ist eine neue Show mit dem Snowboarder Victor Daviet. Wir sprechen darüber, mit ihm einen Youtube-Kanal zu eröffnen. Dann arbeiten wir zur Zeit an Werbefilmen mit diversen Kunden, beispielsweise auch einem Sonnenbrillen-Brand. Wir geben stets unser Bestes!